Zukunft des Chores in Gefahr – fest bezahlte Leitungsstelle ist unverzichtbar!

Vorab:

  • Meine Arbeit besteht nicht nur aus der Chorleitung, sondern der Geschäftsführung des gesamten Betriebes samt quasi Personal- und Budgetverantwortung.
  • In den letzten Jahren habe ich bereits zugunsten des Chores auf über 100.000€ meines privaten Gehaltes verzichtet, um die Arbeit fortsetzen zu können.
  • Die untenstehende Nachricht wurde vor 3 Wochen in ähnlicher Form mit Bitte um Rückmeldung schon einmal an alle genannten Beteiligten gesandt. Zusätzlich wurde vor zwei Tagen die hier stehende Pressemitteilung im Wortlaut noch einmal versendet, zusätzlich an alle Presse- und Öffentlichkeitsmitarbeitenden der Stadt Jena und von JenaKultur mit dem Hinweis, dass diese Mitteilung veröffentlicht wird, und der Bitte, sie auf Fehler zu prüfen und der Gelegenheit, sich noch einmal zu positionieren. Dies halte ich für richtig, um weiterhin zu signalisieren, dass mir eine Zusammenarbeit mit allen wichtig ist.
  • Carsten Müller, Werkleiter von JenaKultur, merkt an: „Der Kulturdezernent ist der im kulturpolitischen Raum für deine Belange zuständige Akteur. (…) Mit der Neuordnung des Kulturdezernats, sind weder der Oberbürgermeister und vor allem auch nicht die Werkleitung von JenaKultur deine ersten Ansprechpartner. Deshalb hast du auch „nur“ vom Kulturdezernenten (…) ein Terminangebot erhalten. (…) Weil eben NICHT JenaKultur über die Verwendung der Kulturfördermittel entscheidet, sondern der Kulturausschuss. Jörg Vogel als Kulturausschuss-Vorsitzenden haben wir mittlerweile miteingebunden.“

    Diese Ansicht entspricht den rechtlichen Strukturen. Eine Unterstützung der Werkleitung von JenaKultur und ein Bekenntnis zum Chor und seiner und meiner Arbeit halte ich dennoch für unverzichtbar, auch wenn die direkten geldgebenden Stellen der Kulturausschuss und seine Mitglieder sind, weshalb ich sie als Adressaten meiner Kommunikation als geeignet erachte und ihre Unterstützung für angemessen und unverzichtbar.

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    Liebe Fans, Zuhörer*innen und Unterstützer*innen,

hier folgt eine persönliche Information von unserem Chorleiter Maximilian Lörzer, der euch transparent über einen aktuellen Sachverhalt informieren möchte.

Seit 14 Jahren wächst unser Chor mit außergewöhnlichen Projekten, bundesweiten Erfolgen und einer Reichweite, die weit über Jena und Thüringen hinausstrahlt. Wir haben mit unserer Arbeit ein kulturelles Aushängeschild geschaffen – doch jetzt stehen wir vor einer existenziellen Herausforderung.

Kulturelle Spitzenleistung braucht professionelle Strukturen und professionelle Strukturen brauchen professionelles Personal. So schreibt JenaKultur auf seinem eigenen Blog auch über sich selbst: „Die wichtigste Voraussetzung für den Erfolg in Sachen Kultur sind die Mitarbeitenden in den verschiedenen Bereichen des Unternehmens.“ Deshalb kommunizieren wir seit Jahren den Wert und die Notwendigkeit einer fest bezahlten Chorleiterstelle, die aber aus eigenen Mitteln nicht finanziert werden kann. Während unsere Kosten in den letzten Jahren um 60.000€ gestiegen sind und insgesamt im sechsstelligen Bereich liegen, wurde der Zuschusses durch den Kulturausschuss der Stadt Jena lediglich um 7.000€ erhöht. Anfang 2024 hat JenaKultur die wirklich positive Initiative ergriffen und alle institutionell geförderten Vereine nach den in den nächsten Jahren benötigten finanziellen Bedarfen gefragt. Auch ich habe der uns gesetzten Frist im letzten Jahr umfassend entsprochen und benötigte Aufwüchse an Technik und Personal gemeldet. Insgesamt kamen bei den Vereinen über 500.000€ an Bedarfen zusammen, von denen leider nur um 200.000€ gestritten und zum Unverständnis vieler Kulturschaffender als Erfolg dargestellt wurden. Von diesem dennoch beträchtlichen Aufwuchs, den JenaKultur für die institutionell geförderten Vereine, zu denen auch wir gehören, ab diesem Jahr zur Verfügung gestellt hat, hat unser Chor keinen einzigen Cent erhalten. Zu meinem Bedauern erfolgt leider auch keine Rückmeldung an oder Kommunikation mit uns über die Gründe der Entscheidung – dabei wünsche ich mir sehr eine gemeinsame Perspektive und Zusammenarbeit. Die Entscheidung wirft für mich viele Fragen auf, die die Wertschätzung und Wahrnehmung unserer Arbeit betreffen.

Natürlich sind wir uns darüber bewusst, dass das Geld nie ausreicht, um alle Bedürfnisse zu stillen. Da uns nun aber gar nichts gewährt und 20.000€ des von uns beantragten Mehrbedarfes gekürzt wurden, ist für mich der Schluss naheliegend, dass in der Abwägung aller kulturellen Prioritäten unser Chor die geringste Wertschätzung erfährt und als am leichtesten verzichtbar angesehen wird.


Mir ist es sehr unangenehm, unsere Arbeit selbst öffentlich zu loben, aber im Zuge der Situationsschilderung ist das wichtig. Wir konnten mit einem ersten Platz und Sonderpreis beim Landes-Chorwettbewerb Thüringen 2022 und einem 2. Platz beim letzten Deutschen Chorwettbewerb 2023 in Hannover zeigen, dass wir zu den besten Chören im Pop-/Jazzbereich in ganz Deutschland gehören und gehören und gleichzeitig zu den führenden Chören in den sozialen Netzwerken im gesamten deutschsprachigen Raum. Unsere Konzertbesucher*innen reisen aus ganz Deutschland und dem Ausland an und demonstrieren damit unseren Werbeeffekt für die Stadt Jena, der auch über unsere hohe Reichweite und die mehrere Millionen Klicks auf unserem Youtube-Kanal generiert wird. Für einen nicht-institutionalisierten Chor in Ostdeutschland ist es eine herausragende Leistung, sechsstellige Jahreseinnahmen zu erwirtschaften, denen aber ebensolche Ausgaben gegenüberstehen. Es gibt aber Grenzen in den Möglichkeiten des Erwirtschaftens, und dass diese Grenzen mir von meiner eigenen Stadt gesetzt werden, die ich liebe und nach außen mit allem Herzblut verteidige, schmerzt mich.

Ich bin auch nach fast zwei Jahren immer noch sehr irritiert davon, dass nach unserem sensationellen Erfolg beim Deutschen Chorwettbewerb bis heute nicht ein Wort des Glückwunsches oder der Wertschätzung von JenaKultur oder dem Kulturausschuss kam (gleichzeitig möchte ich dem Oberbürgermeister für seine häufig geäußerte Wertschätzung danken).

Die Folge: Unsere Arbeit kann ohne eine professionelle Struktur nicht weiterbestehen. Doch Kultur ist kein Selbstläufer – sie braucht Unterstützung! In vielen Städten werden Chöre als essenzielle Kulturbotschafter gefördert, weil sie Menschen verbinden, Identität stiften und einen wirtschaftlichen Mehrwert für die Stadt schaffen. Städte wie Freiburg oder Hannover, die für sich selbst als „Chorstadt“ werben, fördern umfassend eine nachhaltige Chorkultur. Auch in Jena ist das möglich – wenn wir gemeinsam mit der Stadt eine Lösung finden.

Vor drei Wochen habe ich eine Mail an den Oberbürgermeister, die Werkleitung von JenaKultur, den Kulturdezernenten und die städtische Mitarbeiterin der Kulturförderung mit den unten stehenden konkreten Fragen verfasst mit der Bitte um Rückmeldung bis letzte Woche. Der Kulturdezernent hat mir ein Gesprächsangebot für Ende Februar gemacht, dem ich positiv entgegen sehe und im Nachgang darüber informieren werde.

Angesichts der steigenden radikalen Kräfte sind Chöre eine der wichtigsten Demokratieträger, die man sich vorstellen kann. Zu lernen, sich einzuordnen, seiner Stimme Gewicht zu verleihen, aber sie nicht dominieren zu lassen, gemeinsam an einem Projekt zu arbeiten und sich miteinander und füreinander einzusetzen sind Dinge, die man in Chören lernt. Nicht umsonst sagte der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff den Satz „Es ist so viel Positives mit Chören verbunden, dass mir Chöre eine der klügsten Antworten auf die Herausforderungen dieses 21. Jahrhunderts zu sein scheinen.“ Chöre haben einen umfassenden demokratischen, wirtschaftlichen und Marketingwert und sind Standortfaktor für die Menschen, die in einer Stadt arbeiten und leben wollen.

Die Fortsetzung der Arbeit des Chores ist an das Schaffen einer fair bezahlten Leitungsstelle gekoppelt. Unser Ziel ist es, gemeinsam mit der Stadt, der Universität und JenaKultur eine Lösung zu finden, die es uns ermöglicht, weiterhin kulturelle Spitzenleistungen für Jena zu erbringen.


Um Missverständnisse zu vermeiden und eine gemeinsame Perspektive für die Zukunft zu entwickeln, bat ich um konkrete Antworten auf folgende Fragen, die bisher unbeantwortet blieben:

  • Ist es von Seiten der Stadt Jena, der Kulturförderung, der Werkleitung JenaKultur und des Dezernenten gewünscht, dass der Psycho-Chor in Jena seine Arbeit fortsetzen kann?

  • Welchen Zusammenhang sehen die Stadt Jena, die Werkleitung JenaKultur, die Kulturförderung und der Kulturdezernent zwischen den herausragenden Erfolgen des Chores und der Chorleitung?

  • Welche Maßnahmen ergreifen die Stadt Jena, die Werkleitung JenaKultur, die Kulturförderung und der Kulturdezernent, um das Weiterbestehen des Chores zu sichern und Maximilian Lörzer in Jena zu halten?

  • Auf welche Weise werden die Erfolge des Chores und seine Bedeutung für den Standort Jena durch die Stadt Jena, die Werkleitung JenaKultur, die Kulturförderung und den Kulturdezernent wertgeschätzt, honoriert und hervorgehoben?

Nach aktuellem Stand werde ich auch in diesem Jahr – zum wiederholten Male – 20.000€ bei meinem eigenen Gehalt kürzen, damit die Arbeit des Chores fortgesetzt werden kann. Mit einer stabilen Förderung können wir ein Baustein darin sein, Jena als Kulturstandort zu positionieren und gemeinsam viele Menschen zu erreichen. Ich liebe meine Stadt, ich liebe meine Arbeit, ich will hier bleiben und gemeinsam mit allen sehr gerne eine gemeinsame kulturelle Zukunft gestalten.

Liebe Fans & Unterstützer*innen, unser Psycho-Chor gehört zu den besten Pop-/Jazzchören Deutschlands und ist ein kulturelles Aushängeschild für Jena. Doch trotz unserer Erfolge stehen wir vor einer existenziellen Krise: Die fehlende Unterstützung der Stadt gefährdet unser Fortbestehen. Wir brauchen eine faire Förderung und suchen dringend den Dialog mit JenaKultur und der Stadtverwaltung. Kultur ist kein Selbstläufer – helft uns, gehört zu werden! Teilt diesen Beitrag, bringt unsere Fragen in die Öffentlichkeit und setzt euch mit uns für die Zukunft des Psycho-Chores ein!